„Logistik ist lebendig“
Für Christopher Bartels, DSLV Nachwuchspreis-Träger, gehört „um die Ecke denken“ zum Alltag
In der Logistik ist kein Tag wie der andere – das reizt Christopher Bartels an seinem Job.
© Patrick Lux
von
Birk Grüling

Als Christopher Bartels das erste Mal mit Logistik in Berührung kommt, ist er in der zehnten Klasse. Das Schulpraktikum verbringt er am Aviation-Terminal des Hamburger Flughafens. Eine Art Flughafen auf dem Flughafen, von dort starten nur Privatmaschinen. „Die Koordination der Abflüge und die Komplexität dieser Logistik hat mich sofort fasziniert. Nach zwei Wochen stand mein Berufswunsch fest“, erinnert sich der heute 23-Jährige. Dass er nun bei der Lexzau, Scharbau GmbH & Co. KG (Leschaco), einem klassischen Logistikunternehmen mit Hauptsitz in Bremen, arbeitet und nicht in der Luftfahrt, hat mit seiner Heimatstadt Hamburg zu tun. Die Schiffe und der Hafen interessieren ihn genauso wie das Geschehen auf dem Rollfeld.

Um beide Prägungen miteinander zu verbinden, entscheidet er sich nach dem Abitur für den Studiengang „Logistik und Mobilität“ an der Technischen Hochschule Hamburg-Harburg. Glücklich wird er mit der Wahl nicht. „Viele der Themen aus den Grundlagenvorlesungen sind heute mein tägliches Geschäft. Damals konnte ich mit den ganzen Begrifflichkeiten und Theorien nur wenig anfangen“, erzählt Bartels.

Nach knapp anderthalb Jahren bricht er sein Studium ab und beginnt eine Ausbildung zum Speditionskaufmann in der Hamburger Leschaco-Niederlassung. Aus abstrakten Begriffen wird lebendiger Berufsalltag. Die Begeisterung für den Transport von Waren ist schnell wieder geweckt. Der Azubi hat hervorragende Noten. Wenige Wochen vor der Abschlussprüfung unterschreibt Bartels den Übernahmevertrag.

Studium neben der Ausbildung Auch die Tage an der Hochschule sollen nicht umsonst gewesen sein. Schon während der Ausbildung beginnt er deshalb ein berufsbegleitendes Fernstudium mit Schwerpunkt Logistik. 10 bis 15 Stunden wöchentlich investiert Bartels heute in die Weiterbildung, abends nach der Arbeit und am Wochenende. „Das geht nur mit Disziplin“, erklärt er. Zum Glück könne er das Studium ziemlich frei gestalten.

Bestärkt durch die Kollegen und ein „Sehr gut“ im Abschlusszeugnis, bewirbt sich Bartels für den DSLVNachwuchspreis Spedition und Logistik. Zu lösen ist eine fiktive Transportaufgabe. Sechs übergroße Kisten sollen von München zu einer Messe nach Shanghai transportiert werden. Während die Konkurrenz auf den Seeweg setzt, entscheidet sich Bartels für den Transport per Flugzeug. Die teuerste Variante, dafür aber pünktlich und sicher. „Meine Lösung erschien mir so ungewöhnlich, dass ich mir keine großen Chancen ausgerechnet habe“, sagt er. Am Ende schaffte er es auf Platz eins.

An seinen beruflichen Zielen habe die Auszeichnung aber wenig geändert. Das Bachelor-Studium will er wie geplant in den nächsten beiden Jahren beenden. Danach vielleicht eine Zeit lang im Ausland arbeiten, einen Master machen und sich in seiner Abteilung, dem Global Account Management, weiterentwickeln. Zusammen mit erfahrenen Kollegen ist er dort „Kummerkasten und Problemlöser“ für Kunden aus der Chemieindustrie. Wann immer ein Logistikproblem auftritt, klingelt im Hamburger Büro das Telefon.

Manchmal sind es „banale“ Probleme in der IT, dann genügen zwei Telefonate. Manchmal gibt es aber auch Schwierigkeiten mit den Behörden vor Ort. Dann müssen Bartels und seine Kollegen vermitteln oder sich schnell alternative Transportrouten einfallen lassen.

Standardlösungen sind dabei eher selten. Immerhin handelt es sich um komplizierte Chemietransporte, oft hochexplosiv. „Unsere Art von Logistik ist sehr lebendig. Jeder Arbeitstag ist anders, wir müssen uns auf immer neue Situationen einstellen“, erzählt er. Das mache die Arbeit ungemein spannend. Ein Beispiel ist die Chemiekatastrophe von Tianjin, seit der Transport und Lagerung von Chemikalien in Asien unter starker Beobachtung stehen.

In der Freizeit bei der Feuerwehr: In solchen Situationen muss Bartels auch ein bisschen Gefahrgutexperte sein. „Man muss sich der Chemikalien und ihrer Eigenschaften bewusst sein, um besser mit dem Kunden und den Reedern sprechen zu können“, erklärt er. Die nötige Sensibilität dafür bringt er durch sein Hobby mit – die freiwillige Feuerwehr. Regelmäßig fährt der 23-Jährige mit zu Einsätzen, manchmal mitten in der Nacht oder am Wochenende. Als ausgebildeter Atemschutzgeräte träger ist er immer an vorderster Front. Im Einsatz müsse er hundertprozentig bei der Sache sein, jede ungelesene E-Mail, jedes Vorlesungsskript, jedes speditionelle Problem ist dann nur noch Nebensache – jedenfalls für ein paar Stunden.